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14 Thesen zur Netzpolitik – oder über die Freiheit Dummheiten zu begehen

14 Thesen zur Netzpolitik

Ende Juni stellte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) im Lokschuppen des Berliner Technikmuseums seine „14 Thesen zu den Grundlagen einer gemeinsamen Netzpolitik der Zukunft“ vor. Die mit Spannung erwartete Grundsatzrede sollte der bisherige Höhepunkt der Bemühungen des Innenministers werden, das durch Bundestrojaner, Zensursula, ELENA, SWIFT und andere Fehltritte in Sachen Netzpolitik und Verbraucherschutz zerrüttete Verhältnis zur Netzgemeinde zu verbessern und als Bundesregierung endlich gestaltend aufzutreten.

In der ersten Jahreshälfte fanden bereits vier Dialogveranstaltungen unter der Schirmherrschaft des Innenministers statt, bei denen Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Internetnutzer (über die Webseite www.e-konsultation.de) mit de Maizière über Netzpolitische Themen diskutierten. Die 14 Thesen sind das Ergebnis dieses Austausches.

Im Netz regt sich Protest

Das Medienecho im Anschluss an den Vortrag des Innenministers machte jedoch schnell deutlich, dass diese Thesen lediglich die Grundlage für eine viel weiter reichende und lang andauernde Diskussion über die Grundfeste der digitalen Gesellschaft sein können.

Kommentare von NetzaktivistInnen wie Andre Meister („Enttäuschend sind das Festhalten an der Vorratsdatenspeicherung […]“) und Constanze Kurz („ […] ist die Zeit der technischen Missverständnisse und Politiker-Netzalphabetisierung vorbei, nun geht es um politische Grundüberzeugungen.“) ebenso wie die Formulierung von „10 Thesen zur aktuellen netzpolitischen Diskussion“ von Malte Spitz (Bündnis 90/ Die Grünen) spiegelten ein Gros der Beiträge der Blogosphäre wider, in denen eine starke Abneigung gegenüber zentralen Punkten von de Maizières Agenda deutlich wurde. Interessanterweise befürworteten die Nutzer auf www.e-konsultation.de die Mehrzahl der Thesen (8 von 14, ca. 57%).

Elektronischer Personalausweis, ELENA und ISP Haftung als Lösung?

Neben der Kritik an einer unzeitgemäßen Auffassung des Urheberrechts, der Befürwortung der Vorratsdatenspeicherung und der halbherzigen Abkehr von Netzsperren wurde insbesondere de Maizières Sichtweise in Bezug auf Anonymität (These 5) im Internet mit Skepsis aufgenommen. Die von der Politik immer wieder bemühte These, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein könne (was es nicht ist), nahm auch der Innenminister zum Anlass, um die Einführung des elektronischen Personalausweises und die zukünftige Möglichkeit zur Filterung des Datenverkehrs zu legitimieren.

Dabei stellt Anonymität einen wichtigen Baustein einer demokratischen Gesellschaft dar, denn sie erlaubt es den Bürgern, sich frei und ohne Angst vor Repressalien zu äußern und beispielsweise die Regierung zu kritisieren. Unter anderem an diesem Punkt wird deutlich, dass de Maizière zuallererst Innen- und nicht Internetminister ist.

Es braucht eine einheitliche Netzpolitik

Seine Ideen, Inhalte aus dem Internet zu entfernen (digitaler Radiergummi), Gegendarstellungen prominent in Suchmaschinenergebnissen zu positionieren oder Daten mit einer Art digitalem Haltbarkeitsdatum zu versehen (siehe Viktor Mayer-Schönberger), sind allesamt lobenswert – erscheinen jedoch rechtlich und technisch schwer realisierbar zu sein.

Positiv festzuhalten bleibt de Mazierès grundsätzliche Zustimmung zu Netzneutralität und der Idee eines Datenbriefs – Projekte, die Gruppen wie der Chaos Computer Club seit langem befürworten. Ob und in welchem Maße die Politik nach dem ignorieren, unterschätzen, überschätzen und bestaunen des Phänomens Internet in der Lage sein wird, eine kohärente Netzpolitik zu formulieren, bleibt jedoch offen.

Online-Dialog “Perspektiven deutscher Netzpolitik” abgeschlossen

Die 4. Phase des Online-Dialogs des Bundesinnenministeriums (BMI) zu dem Thema „Perspektiven deutscher Netzpolitik“ ist am Mittwoch abgeschlossen worden. In der 4. und letzten Phase des netzpolitischen Dialogs konnten Fragen und Diskussionsbeiträge zu dem Thema „Schutz der Bürger vor Identitätsdiebstahl und sonstiger Kriminalität im Internet“ gestellt werden.

Am 01.Juni findet die ergänzende Dialogveranstaltung zu diesem Thema statt, bei welcher auch die drei am besten bewerteten Fragen des Online-Dialogs diskutiert werden. Zudem wurden als Grundlage Leitfragen zur Dialogveranstaltung zu den Schwerpunkten Identitätsdiebstahl und Kriminalitätsbekämpfung allgemein aufgestellt.

Die vorangegangene 3. Phase des Dialogs fokussierte das Thema „Staatliche Angebote im Internet“. Auf der Homepage des Online-Dialogs gibt es neben den Leitfragen zu der 3. Dialogveranstaltung, welche am 11.05.2010 stattgefunden hat, auch eine Videozusammenfassung der Veranstaltung.

Insgesamt ist die Beteiligung an dem Dialog nicht so hoch ausgefallen wie bei vergleichbaren Dialogen auf kommunaler Ebene. Zu dem ersten Thema („Datenschutz und Datensicherheit im Internet“) gab es 6 Fragen und Diskussionsbeiträge, zu dem zweiten („Das Internet als Mehrwert erhalten“) 43, zu dem dritten Thema 70 und zu dem vierten Thema noch 18 Fragen und Beiträge.

Dies ist nicht hoch in Anbetracht dessen, dass eine bedeutende Einwirkungsmöglichkeit durch die Beteiligung bestand. Die Ergebnisse des Dialogs werden in die Netzpolitik des Bundesinnenministeriums einfließen und in die künftige Gesamtstrategie der Bundesregierung „Deutschland Digital 2015“ eingebracht.

Dennoch fehlen wahrscheinlich die Bedeutsamkeit und der konkrete Bezug des Themas für die einzelne Person. Auf kommunaler Ebene sehen und erleben wir konkrete Anliegen, bei denen ein räumlicher Bezug besteht und die uns direkt betreffen. Dort entsteht mit unter das Gefühl, durch die Beteiligung auch etwas Lokalisierbares verändern zu können.

Dies steht vielleicht im Gegensatz zu Entwicklungen im Internet, welche weniger greifbar und vor allem weniger beeinflussbar sind, auch wenn hier in Form des Online-Dialoges konkret eine Möglichkeit zur Mitwirkung und so zur Einflussnahme geboten wurde.

Behördennummer 115 auf gutem Weg

Ihr direkter Draht zur Verwaltung – mit diesem Slogan wirbt die derzeit im Testbetrieb befindliche Servicenummer 115 für sich. Stop!? 115? Ja, Sie haben richtig gelesen. Zu den bereits etablierten Rufnummern 110 (Polizeiruf) und 112 (Notruf) soll sich nach den Vorstellungen der Ver-  antwortlichen des Bundesministerium des Inneren (BMI) und des Lan-  des Hessen in naher Zukunft die Behördenrufnummer 115 gesellen. Ziel der Initiative um die neue Rufnummer ist es, Behördenanfragen möglichst bürgernah, effizient und innovativ zu bearbeiten.

Anstelle von Warteschleifenhits, Tonbandansagen, der Suche nach der passendenden Behördennummer oder dem Verweis an eine andere Dienststelle sollen Servicecenter (nicht mit Callcentern zu verwechseln) treten, deren Mitarbeiter in der Lage sind, 75% der Nachfragen innerhalb von 30 Sekunden entgegenzunehmen und 55% der Anliegen beim ersten Anruf zu beantworten.

Sollte es doch einmal dazu kommen, dass eine Frage nicht direkt be-  antwortet werden kann, wird der Anruf an die entsprechende Dienst-  stelle weitergeleitet und der Nachfrager erhält innerhalb von 24 Stun-  den eine Rückmeldung per E-Mail, Fax oder Telefon. Das System er-  laubt es den Behörden somit sicherzustellen, dass Anfragen in jedem Fall bearbeitet und idealerweise auch beantwortet werden.

Die Idee einer einheitlichen Behördenrufnummer ist dabei nicht neu.    In den USA existiert bereits seit Mitte der 1990er Jahre die Rufnum-  mer 311 und in Frankreich erreicht man unter 3939 den Service Public France. Das System hat sich seitdem auch unter großem Ansturm be-  wehrt, wie das Beispiel New York City veranschaulicht.

Nach der Einführung der 311 durch Bürgermeister Bloomberg im Jahr 2003 wurde 2007 der fünfzigmillionste Anruf entgegengenommen und im Zuge des Streiks der Verkehrsbetriebe im Dezember 2005 gingen an einem einzigen Tag 240.000 Anfragen ein. Diese Zahlen verdeut-  lichen das Potential einer einheitlichen Behördennummer und dem daraus resultierenden Nutzen für Bürger und Behörden.

Die entstehenden Kosten für Infrastruktur und Personal werden wider Erwarten nicht vom BMI, sondern durch die Telekommunikationsanbie-  ter getragen und an die Bürger weitergegeben. Die Tarife für Anrufe aus dem Festnetz bewegen sich zwischen 7 und 14 Cent pro Minute, während bei Anrufen aus dem Mobilfunknetz zwischen 17 und maximal 29 Cent pro Minute anfallen.

Anfragen außerhalb der Geschäftszeiten (Montag bis Freitag, 08:00 – 18:00) werden hingegen nicht in Rechnung gestellt. Das BMI prognos-  tiziert für die Zukunft sinkende Preise und setzt auf den Wettbewerb zwischen den Anbietern. Ob dieser letztendlich eintritt, bleibt abzu-  warten.

Die Erfahrungen aus den Modellregionen Berlin, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfahlen sowie in der T-City Friedrichshafen zeigen bereits jetzt, dass das Angebot von den Bürgern sehr gut angenommen wird. Innerhalb der ersten zwei Mona-  te des auf zwei Jahre angelegten Testbetriebs (Start 24.3.2009) wur-  den 500.000 Anfragen bearbeitet und die Stadt Hamburg ermittelte, dass ihre Mitarbeiter innerhalb des ersten Jahres nach Einführung der einheitlichen Behördenrufnummer um 750.000 Arbeitsminuten (ca. 520 Tage) entlastet wurden.

Zuletzt wurde das Angebot der 115 Ende April um ein Gebärdentelefon erweitert, welches die Nutzung der einheitlichen Behördennummer für gehörlose und hörbehinderte Menschen erleichtern soll. Es bleibt spannend abzuwarten, ob sich diese Erfolge in anderen Regionen, in denen die 115 erst nach und nach eingeführt wird, wiederholbar sind.

2. Phase des Online-Dialoges zum Zusammenleben in Berlin

Die Bewohner von Berlin haben zum zweiten Mal die Möglichkeit, im Rahmen des Online-Dialoges „Zusammenleben in Berlin“ Kiezabgeordnete(r) zu werden und aktiv über das Familienleben in Berlin mit zu diskutieren. Der Austausch über den Online-Dialog ist zwischen dem 16.04.und dem 17.05.2010 möglich.

Der Berliner Beirat für Familienfragen wurde vom Berliner Senat beauftragt, den nächsten Familienbericht für Berlin zu erarbeiten. Bei der Erarbeitung sollen die Bürger und Bürgerinnen aktiv beteiligt werden. Ziel des Online-Dialoges ist es, herauszuarbeiten, was die Bürger als familienfreundlich ansehen, was sie von einem familienfreundlichen Stadtteil erwarten und was ihnen in ihrem Stadtteil gefällt bzw. fehlt.

Der Dialog verläuft in drei Phasen:

–  Phase 1 (16.04. – 25.04.): Identifizierung von Problemen und von guten Beispielen; Sammeln von Ideen

–  Phase 2 (26.04. – 13.05.): Entwicklung von Lösungsvorschlägen zu den zuvor entwickelten Problemen

–  Phase 3 (14.05. – 17.05.): Diskussion der bisherigen Ergebnisse und Ideen; Überprüfung der gemeinsam erarbeiteten Wikis auf Vollständigkeit und die richtige Gewichtung

Die Beiträge der 1. Phase konnten entweder in dem Forum verfasst oder als Anmerkung in einer Karte von Berlin verortet werden. Dabei erfolgte die Zuordnung der Beiträge nach sechs verschiedenen Themengebieten und den entsprechenden Stadtteilen.

Zusätzlich gibt es neben einer Anleitung zur Teilnahme und einer Erläuterung des Verfahrens und der Homepage auch eine Infothek. In dieser sind ergänzende Informationen und Materialien rund um das Thema Zusammenleben in Berlin enthalten, so dass eine gute Informationsgrundlage vorhanden ist.

Aktuell gibt es 74 registrierte Nutzer und 142 Beiträge. Die Artikel wur-  den 5664 mal aufgerufen, was ein hohes Interesse seitens der Bevölkerung zeigt. Allerdings ist im Vergleich dazu und zur Bevölkerungszahl Berlins die Anzahl der registrierten Teilnehmer eher gering. Die meisten Beiträge in Bezug auf die Stadtteile gibt es mit etwas über jeweils 10 in Charlottenburg, Kreuzberg, Prenzlauer Berg und Friedrichshain.

Insgesamt stellt der Online-Dialog zum Zusammenleben in Berlin eine sehr umfangreiche und gut umgesetzte Plattform dar, welche viele Informationen bietet und ansprechend gestaltet ist. Auf Grund des the-  matischen Bezugs bietet der Dialog mit Sicherheit für Familien eine wichtige und gute Möglichkeit, sich einzubringen und an dem Geschehen in der Stadt zu beteiligen. Dabei spielt das Medium Internet eine wichtige Rolle.

Die Bonner und Bonnerinnen begrüßen mehr Bürgerbeteiligung

Das Zentrum für Evaluation und Methoden (ZEM) der Universität Bonn hat im Auftrag der Stadt Bonn eine Befragung mit dem Ziel durchgeführt, herauszufinden, wie die Bevölkerung aus Bonn der Bürgerbeteiligung gegenübersteht und welche Themen sowie Beteiligungsformen sie als wichtig empfindet.

Insgesamt wurden laut der Stadt Bonn 237 Bürger befragt. Von diesen stehen 70,9 % dem Plan, die Bürger mehr zu beteiligen, gut gegenüber sowie 21,9 %, die mit eher gut antworteten. Somit sind 92,8 % einer Erweiterung der Bürgerbeteiligung positiv gegenüber eingestellt.

Die drei am meisten genannten Antworten auf die Frage, in welcher Form die Bürger verstärkt in Entscheidungen einbezogen werden sollen, waren folgende: Befragungen/Fragebögen (139 Personen), Mitbestimmung – Bürgerentscheide (56 Personen) und Bürgerversammlungen (47 Personen). Mit nur 19 Personen möchte eine im Vergleich geringe Anzahl mehr Diskussionen in Online-Foren bzw. über einen Internetdialog.

In Bezug auf die Art, in der die Bürger an einer Beteiligung teilnehmen möchten, nannten immerhin mit 34,7 % gut ein Drittel das Ausfüllen eines Onlinefragebogens. Mit 59,9 % sprach sich dennoch der größte Teil für den klassischen Papierfragebogen aus, so dass die Möglichkeit des Computers und Internets in dieser Form (noch) nicht dominierend ist.

Insgesamt zeigt sich aber eine erfreulich hohe Teilnahmebereitschaft seitens der Bürger, so dass auch nach Angaben der Stadt Bonn die Politik die Ergebnisse als einen Handlungsauftrag versteht, der zügig umgesetzt werde.