T-City Projektleiter Michael Lobeck plädiert beim Immobilien-Forum Schwerin für Internet-Alphabetisierung

„Machen Sie sich mit den Spielarten des Internet vertraut und mischen Sie sich ein.“ So das Plädoyer von Michael Lobeck an die Teilnehmer des 4. Immobilien-Forum Schwerin.

In seinem Vortrag beleuchtete er den Zusammenhang von Stadtentwicklung und Informationstechnologie. „Wie beeinflussen neue Technologien unser Verhalten und unsere Städte?“ war seine Leitfrage. „Anregungen zum eigenen Denken und Handeln“ statt „Zukunftsvorhersagen“ und „Patentrezepte“ präsentierte er den Teilnehmern.

„Das Internet gibt es nicht“ zitierte Lobeck den ehemaligen Technologievorstand von IBM Deutschland, Gunter Dueck. Das Internet gäbe es, wenn es überall und immer eine Verfügbarkeit von Netzzugängen in Gigabit-Geschwindigkeit gäbe. Nicht nur im Festnetz in der Großstadt, sondern auch auf dem Land, im Zug, im Flugzeug, im Taxi, …  Lobeck ergänzte die Interpretation Duecks mit dem Hinweis „… und das Internet ist nur wirklich „da“, wenn auch Sie mitmachen.“

Angeregt vom Soziologen Dirk Baecker und seinem Buch „Studien für die nächste Gesellschaft„, stellte Lobeck die gesellschaftlichen Veränderungen durch Schrift, Buchdruck und Computer dar. Die jeweiligen neuen, komplexen gesellschaftlichen Möglichkeiten, die diese Medien bieten, müssen von der Gesellschaft sortiert und nutzbar gemacht werden. Neue Medien führen zu neuen Formen der Bearbeitung, zu neuen Organisationen und Umgangsformen. Schrift und Buchdruck ermöglichen die Speicherung, Vervielfältigung, Verteilung und das Neukombinieren von Inhalten – über die Möglichkeiten der gesprochenen Sprache hinaus. Der Computer und das Internet machen dies für den einzelnen Nutzer zum Kinderspiel und ergänzen Funktionen wie Automatisierbarkeit und Ubiquität.

An die halb scherzhafte Redewendung der drei wichtigsten Kriterien für eine Immobile („Lage, Lage, Lage“) angelehnt, formulierte Lobeck die These, dass „Internet, Internet, Internet“ das Merkmal einer zukünftigen Stadtentwicklung darstelle. „Wie Sie das bewerkstelligen, in welchen Kombinationen von Orten, Partnern und Angeboten, spielt keine Rolle. Sorgen Sie dafür, dass in Ihrer Stadt schnelles Internet für Alle überall und immer verfügbar wird. Im öffentlichen Raum, in öffentlichen Gebäuden, in Wohnungen, in Büros, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Taxis, …“ Die Erfahrung, dass ein Hotel für 30 Minuten surfen einen Euro kassieren wolle, nannte Lobeck „absurd“. „Es geht nicht um den Euro an sich, aber das ist zu kompliziert.“

Angesichts der Vielfalt der im Netz verfügbaren Angebote, die anhand des Social Media Prisma von ethority diskutiert wurden, forderte Michael Lobeck die Teilnehmer auf, sich im Netz umzutun, beispielsweise einen Twitter-Account zu eröffnen (zwei von ca. 60 Teilnehmern hatten bereits einen) und das Netz „auszuprobieren“.
„Nur wenn Sie das Internet mitgestalten, wird es zu einem Werkzeug, dass allen nützt.“ Drei Klicks ohne Anmeldung sind erforderlich, um bei Wikipedia einen Artikel zu ändern und damit an der großen Leistung dieser Enzyklopädie teilzuhaben. Diese Möglichkeit der Diskussion des Wissens sei nämlich noch bemerkenswerter als der enorme geschaffene Wissensbestand an sich, betonte Lobeck, mit einem Argument, dass Falk Lüke und Markus Beckdahl in ihrem Buch „Die digitale Gesellschaft: Netzpolitik, Bürgerrechte und die Machtfrage“ vertreten.

Der Digital Divide wird nicht grundsätzlich überwunden werden ist sich Lobeck sicher. Es wird immer Anwender und Nutzer geben, die ein Medium mehr, besser, virtuoser beherrschen als andere. Aber das Gesamtniveau könne man ja anheben. Auch die Polarisierung in und zwischen den Städten werde eher zunehmen. Das Internet sei – trotz seiner prinzipiellen Zugänglichkeit für Alle – kein Medium dass Integration und Ausgleich automatisch befördere. Im Gegenteil lassen sich Tendenzen zur Monopolbildung beobachten, da große, bekannte Angebote stärker wachsen als kleine, unbekannte Alternativen (s. Amazon, Google).

Nicht beeinflussen können die Teilnehmer des 4. Immobilien-Forums in Schwerin, so Lobeck, dass die weitere Verbreitung von Anwendungen im Netz mehr Flexibilität, mehr Transparenz und mehr Konkurrenz mit sich bringen wird. (Mit) Beeinflussen hingegen können sie, ob es breitbandiges Internet in der Stadt gibt, ob die Stadtverwaltung, Unternehmen, die IHK etc. Open Data vorantreiben, ob es Aktivitäten gegen den Digital Divide und für Medienkompetenz in der Stadt gibt. Vielleicht überlegt Schwerin ja auch, ob die systematische Nutzung von IT zu Zwecken der Stadtentwicklung Sinn macht – der erste Schritt zur Smart City.

„Alphabetisieren Sie sich!“ so der eindringliche Appell von Michael Lobeck. „Nur wenn Sie sich auskennen, können Sie auch mitbestimmen, wo die Reise langgeht.“

Erkenntnisse, welche Voraussetzungen und Hindernisse auf dem Weg zu einer Smart City liegen können die Schweriner und andere Interessierte im Endbericht des T-City Projektes finden: Lena Hatzelhoffer, Kathrin Humboldt, Michael Lobeck und Claus-Christian Wiegandt (2012): Smart City konkret. Eine Zukunftswerkstatt in Deutschland zwischen Idee und Praxis. Berlin (Jovis).

Der Bericht ist auch in englischer Sprache erschienen. Das deutsche und das englische Buch sind in jeder guten Buchhandlung erhältlich. Finden Sie in Ihrer Nähe keine solche, können Sie es auch bei Amazon bestellen: deutsch und englisch.

Hier können Sie auch pdf-Beispielseiten (deutsch und englisch) des Berichtes anschauen.

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