Schlagwort-Archive: Soziale Netzwerke

Ich weiß wo du bist – der Einzug von Lokalisierungsdiensten in unser (Privat)leben

Christoph ist einer meiner 243 Freunde bei Facebook. Seit er nun auch bei Foursquare registriert ist, bin ich vollkommen im Bilde, wann er morgens bei seiner Arbeit ankommt, wann er Mittagspause macht, dass er heute ein besonderes Meeting hatte und wie es gelaufen ist. Achja, und gestern Abend war er dann mit seiner Frau zum Grillen bei Freunden in der Nachbarschaft. Vor drei Wochen war er übrigens in Urlaub. Aber ich musste mir keine Sorgen machen, denn ich war immer auf dem Laufenden:

Christoph just checked-in @ Restaurant Wonnemeyer (Wenningstedt, Schleswig-Holstein) um 12:10.
Christoph just checked-in @ Strand Wenningstedt (Wenningstedt, Schleswig-Holstein) um 14:23.
Christoph just checked-in @ Cave Club (Wenningstedt, Schleswig-Holstein) um 22:16.
Christoph just checked-in @ American Table Dance (Wenningstedt, Schleswig-Holstein) um 00:40.

Inzwischen ist Facebook dabei, einen eigenen Geolocation-Dienst zu errichten. Mit Facebook Places ist es ebenfalls möglich, eigene Orte zu veröffentlichen und mit einem Blick auf das Mobiltelefon festzustellen, welcher Freund sich gerade in einem nahegelegenen Café befindet. Wie immer fragt Facebook nicht, ob man den Dienst nutzen möchte, sondern man selbst muss die Datenschutzeinstellungen durchforsten und diverse Häkchen deaktivieren. Das empfiehlt sich vor allem, wenn man nicht möchte, dass die Kumpels einen in der Disco verorten, in der man gerade ausgiebig mit ihnen feiert, obwohl man doch der Freundin gesagt hat man trifft sich zu einem langweiligen DVD-Abend. Zum Glück gibt es pünktlich zum neuen Service von Facebook Anleitungen im Netz, die genau beschreiben, welche Häkchen man in seinen Facebookeinstellungen aktivieren und deaktivieren sollte.

Christoph wird das nicht interessieren. Er ist inzwischen aus dem Urlaub zurück und gerade mit seiner Frau im Kino. Den Film wollte er doch schon so lange gesehen haben.

Andere Meinungen:
Facebook is watching you“ (die Welt, 23.08.2010)
Datenschützer attakieren Facebook Places” (SPIEGEL online, 20.08.2010)
Facebook Places: Das Wichtigste zu Facebooks Location-Dienst“ (netzwertig.com, 19.08.2010)
Facebook spinnt das Hier-bin-ich-Netz“ (SPIEGEL online, 19.08.2010)
Foursquare: Geo-Location-Spiel mit viel Nutzwert“ (chip.de, 03.02.2010)

Digital Natives und ihr Verhältnis zum Web 2.0

Der Spiegel Artikel „Null Blog“ über die erste mit dem Internet aufgewachsene Generation von Manfred Dworschak schlägt im Netz hohe Wellen. Ist die junge Generation im Umgang mit dem Web 2.0 wirklich so desinteressiert oder vermittelt lediglich ein oberflächlicher Blick entsprechende Eindrücke?

Hintergrund und Nutzungsverhalten
Dworschak beschreibt in dem Artikel die Beziehung der so genannten Digital Natives zum Internet. Einerseits können sich die meisten jungen Menschen ein Leben ohne das Internet kaum vorstellen, auf der anderen Seite werden viele neue Möglichkeiten des Mediums Internet schlichtweg ignoriert oder lediglich mit Desinteresse verfolgt.

Die wenigstens schreiben einen Blog oder Twittern regelmäßig. Auch andere freie Mitmachdienste, wie beispielsweise Wikipedia, werden meist ausschließlich als schnelle Informationsbeschaffungsplattform genutzt. Studien wie z.B. die jüngste JIM Studie bestätigen, dass nahezu alle Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren einen Internetzugang haben und die täglichen Nutzungszeiten durchschnittlich 2 Stunden überschreiten. Allerdings sagt die tatsächliche Nutzungsdauer wenig über die Nutzungsart aus. Größtenteils wird die Zeit für Kommunikation und die Kontaktpflege mit Freunden via E-Mail, Chat, Facebook und ähnlichen Diensten aufgewendet. Auch das Abspielen bzw. Downloaden von Musik und Filmen spielt eine bedeutende Rolle für junge Leute. Folglich hat sich nach Dworschak die Nutzungsart wenig verändert – nur das Medium Internet ist neu. Austausch und Unterhaltung waren auch zuvor zentrale Bestandteile für junge Menschen. Ganz eindeutig stehen jedoch die realen Kontakte und Treffen vor dem Internet an erster Stelle. Folglich kann das Netz eher als Lückenfüller betrachtet werden, als schnelle Ablenkung für junge Leute.

Wie das Internet wirklich funktioniert oder wie es produktiv genutzt werden kann, verstehen nach Meinung unterschiedlicher Experten nur eine Minderheit der Netzgeborenen. Zwar gehen sie völlig unbefangen mit dem neuen Medium um, dessen vielfältige Möglichkeiten werden jedoch nur mäßig ausgereizt. Vielen Teenagern fällt bereits gezielte Informationsbeschaffung mittels Google schwer.

Reaktionen aus dem Netz
Die Reaktionen auf den Spiegelartikel fallen recht unterschiedlich aus. Dabei gehen die Meinungen von Zustimmung bis hin zu Missverständnis auseinander.

Einige Foreneinträge von Lehrerplattformen bestätigen die Thesen und Aussagen des Artikels. Dabei wird vor allem betont, dass die oben gemachten Ausführungen nicht verwunderlich sind. Genau wie Kompetenzen zur Zeitungsanalyse vermittelt werden müssen, gilt dies nun auch für die effektive Internetnutzung. Dabei gibt es viele Dinge die spielerisch zu lernen sind. Dennoch bedarf es hierfür häufig einen Anstoß. Die Förderung für Medienkompetenzen ist insofern kein neues Phänomen.

Häufig wird kritisiert, dass von der „oberflächlichen“ Nutzung des Internets nicht auf entsprechende Kompetenzen Jugendlicher geschlossen werden kann. Der Umgang mit verschiedenen Plattformen, aber auch der zum Computer gehörenden Hardware – auch wenn es lediglich dem Computerspielen dient – scheint oft unterschätzt zu werden. Jugendliche sind bequem, für ihre Interessen und Ziele reichen die vorgegeben Angebote wie beispielsweise  Facebook häufig aus. Sie sind durchaus in der Lage, wenn nötig sich neue Aspekte zu erschließen oder zu lernen.

Im Zusammenhang mit der These der jugendlichen Internetverdrossenheit wird häufig auch die Politik als wichtige Institution angesehen. Da heutzutage viele Innovationen vom Internet ausgehen und folglich auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz beinhalten, ist auch die politische Ebene für die entsprechende Nutzung des Internets mitverantwortlich. Würde hier eine Debatte mit gleichem Enthusiasmus wie die Diskussionen um google street view geführt werden, wäre man sicherlich einen Schritt weiter. Eine effektive Auseinandersetzung der Digital Natives mit dem Internet kann insofern auch ein wichtiger Zukunftsbereich sein und sollte von den mitverantwortlichen Seiten nicht versäumt werden.

Diaspora – ein Gegenentwurf zu Facebook?

Auf die Suchanfrage nach dem Begriff Diaspora liefert das Online-Lexikon Wikipedia folgende Definition:

„Der Begriff Diaspora (griechisch διασπορά diaspora = Verstreutheit) bezeichnet seit dem späten 19. Jahrhundert hauptsächlich religiöse oder ethnische Gruppen, die ihre traditionelle Heimat verlassen haben und unter Andersdenkenden lebend über weite Teile der Welt verstreut sind.“

Obwohl die vier jungen Studenten aus New York, die hinter dem Projekt Diaspora stehen, kaum als religiöse oder ethnische Gruppe bezeichnet werden können, geht es nicht mehr und nicht weniger als um den Versuch, eine neue digitale Heimat im Web 2.0 zu schaffen. Facebook, das bisherige Mekka von Soccer moms, Schülern, Studenten und allen anderen, die nach digitaler Vernetzung streben, ist in jüngster Zeit aufgrund des Umgangs mit der Privatsphäre seiner Nutzer verstärkt in die Schlagzeilen geraten.

Matt McKeon, Entwickler in IBMs Visual Communication Lab, veranschaulichte eindrucksvoll, wie sich das Verständnis von Privatsphäre innerhalb des sozialen Netzwerks zwischen 2005 und April 2010 verändert hat. Fotos, Wall Posts und andere Profildaten sind seit der letzten Änderung der Geschäftsbedienungen nicht nur für Freunde und andere Facebook Nutzer, sondern je nach Einstellung auch für das gesamte Internet sichtbar.

Die Vorstellung, private Konversationen, Fotos von Familie und Freunden und andere private Details mit dem Rest der Welt zu teilen, lässt mittlerweile viele Nutzer aufhorchen. Gruppen wie We’re Quitting Facebook mit derzeit 11.357 Mitgliedern (Stand: 20.5.2010), die zum 31. Mai ihre Facebook-Profile löschen wollen, oder prominente Wortführer wie Leo Laporte und Peter Rojas, die ihre Accounts zumindest zeitweise deaktivierten, senden ein starkes Signal an die Facebook Nutzer. Selbst Facebooks Versprechen, demnächst einfachere Datenschutz-Einstellungen zur Verfügung zu stellen, scheint nicht zu überzeugen.

Das Diaspora Team hat es mit Hilfe der Online Plattform Kickstarter.com innerhalb von 20 Tagen geschafft, $176,064 von 5.331 Unterstützern zu sammeln und das ursprüngliche Ziel von $10.000 damit um mehr als das 17-fache übertroffen. Man kann davon ausgehen, dass viele der Spender aus Frustration über Facebooks Geschäftspolitik nach Alternativen suchten und diese schlussendlich fanden.

Mit dem eingefahrenen Startkapital wollen die Mitglieder des Quartetts hinter Diaspora nach ihrem College Abschluss im Sommer mit der Programmierung einer Plattform unabhängigen, dezentralen Infrastruktur beginnen und so ein sicheres, freies soziales Netzwerk schaffen. Den technischen Unterbau bildet dabei das von Tauschbörsen bekannte Peer-to-Peer Protokoll (P2P), wodurch jeder Diaspora Nutzer zum Verwalter seiner Daten wird. Die Kontrolle soll demnach von einer zentralen Instanz (wie z.B. Facebook) an den User übertragen werden, der anschließend über die Veröffentlichung seiner Informationen bestimmen kann.

Neben der finanziellen Rückendeckung hat Diaspora zudem die Unterstützung von Juristen, Programmieren und Beratern gewonnen, die das junge Team auf seiner weiteren Reise unterstützen wollen. Über den zukünftigen (Miss-)Erfolg der Plattform wird neben Faktoren wie Benutzerfreundlichkeit, Verlässlichkeit und Stabilität vor allem die Zahl der Nutzer entscheiden.

Facebook hat derzeit laut eigenen Angaben mehr als 450 Millionen Mitglieder. Eine gewaltige Anzahl, die die Entscheidung erschwert, sich von den bereits geknüpften Kontakten und verlinkten Fotos zu verabschieden. Die Hindernisse, die dem Erfolg des jungen Startup gegenüberstehen, sind damit mindestens so groß einzuschätzen wie die Hoffnung der Nutzer, die sich nicht weiterhin an Facebook binden wollen.

Thementag “Rundum digital – und glücklich?”

Am kommenden Sonntag und Montag (18. + 19.04.2010) gibt es bei WDR 3 und WDR 5 einen Thementag mit dem Titel “Rundum digital – und glücklich?”, auf den wir hiermit hinweisen möchten. In 15 Sendungen über den Tag verteilt werden dabei verschiedene Aspekte und Fragestellungen thematisiert, die mit der schnellen Entwicklung und den Möglichkeiten des Internets sowie deren Auswirkungen auf unsere Arbeits- und Lebensbereiche zusammenhängen. Nähere Informationen lassen sich der Programmvorschau entnehmen.

Wie verteilt sich die Nutzung von Social Networks?

Auf Grundlage der AGOF Internet Facts des 4. Quartals 2009 (Arbeitsgemeinschaft Online Forschung) stellte die Agenturgruppe Plan.Net den Versuch an, die regionale Verteilung der Nutzung der größten deutschen Social Networks zu analysieren.

Ziel der Analyse von Plan.Net war es, die Höhe der Nutzung und die Reichweite der größten deutschen Social Networks zu erfassen. Darauf basierend sollte herausgearbeitet werden, in welchen Regionen bzw. Bundesländern welche Social Networks am stärksten genutzt werden. Die Untersuchung ist gut geeignet, um einen Überblick über mögliche Unterschiede der Verteilung innerhalb Deutschlands zu erhalten.

Eine umfassende Auswertung und ein tiefergehender Vergleich zwischen den einzelnen Social Networks war nicht Ziel der Analyse und in deren Rahmen wahrscheinlich auch nicht möglich. Plan.Net kommt zu dem Ergebnis, dass die Nutzung von Social Networks in ihrer Verteilung stark regional geprägt und dementsprechend nicht gleichmäßig verteilt ist.

Die Ergebnisse zeigen, dass im Norden und Osten des Landes MeinVZ und StudiVZ dominierend sind. Hier zeigt sich ein deutlicher Gegensatz zwischen dem Norden Deutschlands und dem Süden (siehe Präsentation). Das Netzwerk wer-kennt-wen ist in Bezug auf die überdurchschnittliche Nutzung begrenzt auf den Südwesten mit Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen. Kwick wird nur in Baden-Württemberg häufig genutzt und in Bayern hat sich lokalisten.de durchgesetzt.

Im Vergleich zwischen SchülerVZ und Schueler.cc (Schueler Community Center) zeigt sich eine Dominanz von SchülerVZ im Nordwesten Deutschlands (Schleswig-Holstein, Niedersachsen, NRW), während Schueler.cc im Südosten (Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Bayern) dominiert, wie auch die Präsentation veranschaulicht. Für Facebook war Plan.Net eine vergleichbare Auswertung nach Bundesländern nicht möglich.

Es hat sich in Deutschland innerhalb der einzelnen Themenausrichtungen bzw. Netzwerktypen kein wirklich dominierendes Social Network durchgesetzt, so dass das Angebot recht groß ist. Plan.Net führt als eine mögliche Erklärung dafür die föderale Struktur Deutschlands an, wodurch eine starke regionale Prägung des sozialen Lebens entsteht. So können sich auch die Nutzungsmuster innerhalb mehrerer Regionen unterscheiden, auch wenn natürlich noch eine Reihe weiterer Einflussfaktoren eine Rolle dabei spielen.

Zum Beispiel werden Social Networks laut Plan.Net dazu genutzt, um die eigenen Freundeskreise aus dem „realen“ Leben abzubilden und weiter auszubauen. Als ein anderer Punkt wird genannt, dass das Engagement von Personen in einem bestimmten Netzwerk davon abhängt, ob das eigene (vorwiegend auch räumliche) soziale Umfeld dort vertreten ist, so dass sich Netzwerke in abgegrenzten Regionen mit der steigenden Anzahl an Nutzern ausbreiten können.

Die Gesamtanzahl der bestehenden Social Networks ist wesentlich umfangreicher als die, die in die Analyse aufgenommenen wurden. Auch sind die einzelnen Social Networks sind in ihrer Zielsetzung sehr vielfältig und auf unterschiedliche Zielgruppen ausgerichtet, so dass aus der herausgearbeiteten Verteilung der Nutzung keine weiter gehenden Informationen abgeleitet werden können.

Dennoch wäre eine nähere Betrachtung der Gründe, die zu unterschiedlichen Häufigkeiten in der Nutzung führen, interessant und bedeutend. Zu Bedenken ist auch, dass sich die Größe der Vernetzung je nach Zielgruppe und Aktionsradius unterscheiden kann. Schüler und Jugendliche werden mit Sicherheit viele Kontakte in ihrem regionalen Umkreis pflegen und knüpfen, während Erwachsene als mögliche mobilere Personengruppe auch vermehrt innerhalb Deutschlands oder länderübergreifend Kontakte pflegen. Damit ergeben sich verschiedene Betrachtungsebenen.

Welche Gründe also tatsächlich eine Rolle für eine unterschiedliche räumliche Ausprägung in der Nutzung von Social Networks spielen, gilt es in diesem Kontext noch näher zu erforschen, auch wenn dies auf Grund der schnellen Veränderbarkeit des Nutzungsverhaltens an sich aber auch der beeinflussenden Rahmenbedingungen unter Umständen komplex ist.