Archiv für den Monat: August 2010

Ich weiß wo du bist – der Einzug von Lokalisierungsdiensten in unser (Privat)leben

Christoph ist einer meiner 243 Freunde bei Facebook. Seit er nun auch bei Foursquare registriert ist, bin ich vollkommen im Bilde, wann er morgens bei seiner Arbeit ankommt, wann er Mittagspause macht, dass er heute ein besonderes Meeting hatte und wie es gelaufen ist. Achja, und gestern Abend war er dann mit seiner Frau zum Grillen bei Freunden in der Nachbarschaft. Vor drei Wochen war er übrigens in Urlaub. Aber ich musste mir keine Sorgen machen, denn ich war immer auf dem Laufenden:

Christoph just checked-in @ Restaurant Wonnemeyer (Wenningstedt, Schleswig-Holstein) um 12:10.
Christoph just checked-in @ Strand Wenningstedt (Wenningstedt, Schleswig-Holstein) um 14:23.
Christoph just checked-in @ Cave Club (Wenningstedt, Schleswig-Holstein) um 22:16.
Christoph just checked-in @ American Table Dance (Wenningstedt, Schleswig-Holstein) um 00:40.

Inzwischen ist Facebook dabei, einen eigenen Geolocation-Dienst zu errichten. Mit Facebook Places ist es ebenfalls möglich, eigene Orte zu veröffentlichen und mit einem Blick auf das Mobiltelefon festzustellen, welcher Freund sich gerade in einem nahegelegenen Café befindet. Wie immer fragt Facebook nicht, ob man den Dienst nutzen möchte, sondern man selbst muss die Datenschutzeinstellungen durchforsten und diverse Häkchen deaktivieren. Das empfiehlt sich vor allem, wenn man nicht möchte, dass die Kumpels einen in der Disco verorten, in der man gerade ausgiebig mit ihnen feiert, obwohl man doch der Freundin gesagt hat man trifft sich zu einem langweiligen DVD-Abend. Zum Glück gibt es pünktlich zum neuen Service von Facebook Anleitungen im Netz, die genau beschreiben, welche Häkchen man in seinen Facebookeinstellungen aktivieren und deaktivieren sollte.

Christoph wird das nicht interessieren. Er ist inzwischen aus dem Urlaub zurück und gerade mit seiner Frau im Kino. Den Film wollte er doch schon so lange gesehen haben.

Andere Meinungen:
Facebook is watching you“ (die Welt, 23.08.2010)
Datenschützer attakieren Facebook Places” (SPIEGEL online, 20.08.2010)
Facebook Places: Das Wichtigste zu Facebooks Location-Dienst“ (netzwertig.com, 19.08.2010)
Facebook spinnt das Hier-bin-ich-Netz“ (SPIEGEL online, 19.08.2010)
Foursquare: Geo-Location-Spiel mit viel Nutzwert“ (chip.de, 03.02.2010)

Digital Natives und ihr Verhältnis zum Web 2.0

Der Spiegel Artikel „Null Blog“ über die erste mit dem Internet aufgewachsene Generation von Manfred Dworschak schlägt im Netz hohe Wellen. Ist die junge Generation im Umgang mit dem Web 2.0 wirklich so desinteressiert oder vermittelt lediglich ein oberflächlicher Blick entsprechende Eindrücke?

Hintergrund und Nutzungsverhalten
Dworschak beschreibt in dem Artikel die Beziehung der so genannten Digital Natives zum Internet. Einerseits können sich die meisten jungen Menschen ein Leben ohne das Internet kaum vorstellen, auf der anderen Seite werden viele neue Möglichkeiten des Mediums Internet schlichtweg ignoriert oder lediglich mit Desinteresse verfolgt.

Die wenigstens schreiben einen Blog oder Twittern regelmäßig. Auch andere freie Mitmachdienste, wie beispielsweise Wikipedia, werden meist ausschließlich als schnelle Informationsbeschaffungsplattform genutzt. Studien wie z.B. die jüngste JIM Studie bestätigen, dass nahezu alle Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren einen Internetzugang haben und die täglichen Nutzungszeiten durchschnittlich 2 Stunden überschreiten. Allerdings sagt die tatsächliche Nutzungsdauer wenig über die Nutzungsart aus. Größtenteils wird die Zeit für Kommunikation und die Kontaktpflege mit Freunden via E-Mail, Chat, Facebook und ähnlichen Diensten aufgewendet. Auch das Abspielen bzw. Downloaden von Musik und Filmen spielt eine bedeutende Rolle für junge Leute. Folglich hat sich nach Dworschak die Nutzungsart wenig verändert – nur das Medium Internet ist neu. Austausch und Unterhaltung waren auch zuvor zentrale Bestandteile für junge Menschen. Ganz eindeutig stehen jedoch die realen Kontakte und Treffen vor dem Internet an erster Stelle. Folglich kann das Netz eher als Lückenfüller betrachtet werden, als schnelle Ablenkung für junge Leute.

Wie das Internet wirklich funktioniert oder wie es produktiv genutzt werden kann, verstehen nach Meinung unterschiedlicher Experten nur eine Minderheit der Netzgeborenen. Zwar gehen sie völlig unbefangen mit dem neuen Medium um, dessen vielfältige Möglichkeiten werden jedoch nur mäßig ausgereizt. Vielen Teenagern fällt bereits gezielte Informationsbeschaffung mittels Google schwer.

Reaktionen aus dem Netz
Die Reaktionen auf den Spiegelartikel fallen recht unterschiedlich aus. Dabei gehen die Meinungen von Zustimmung bis hin zu Missverständnis auseinander.

Einige Foreneinträge von Lehrerplattformen bestätigen die Thesen und Aussagen des Artikels. Dabei wird vor allem betont, dass die oben gemachten Ausführungen nicht verwunderlich sind. Genau wie Kompetenzen zur Zeitungsanalyse vermittelt werden müssen, gilt dies nun auch für die effektive Internetnutzung. Dabei gibt es viele Dinge die spielerisch zu lernen sind. Dennoch bedarf es hierfür häufig einen Anstoß. Die Förderung für Medienkompetenzen ist insofern kein neues Phänomen.

Häufig wird kritisiert, dass von der „oberflächlichen“ Nutzung des Internets nicht auf entsprechende Kompetenzen Jugendlicher geschlossen werden kann. Der Umgang mit verschiedenen Plattformen, aber auch der zum Computer gehörenden Hardware – auch wenn es lediglich dem Computerspielen dient – scheint oft unterschätzt zu werden. Jugendliche sind bequem, für ihre Interessen und Ziele reichen die vorgegeben Angebote wie beispielsweise  Facebook häufig aus. Sie sind durchaus in der Lage, wenn nötig sich neue Aspekte zu erschließen oder zu lernen.

Im Zusammenhang mit der These der jugendlichen Internetverdrossenheit wird häufig auch die Politik als wichtige Institution angesehen. Da heutzutage viele Innovationen vom Internet ausgehen und folglich auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz beinhalten, ist auch die politische Ebene für die entsprechende Nutzung des Internets mitverantwortlich. Würde hier eine Debatte mit gleichem Enthusiasmus wie die Diskussionen um google street view geführt werden, wäre man sicherlich einen Schritt weiter. Eine effektive Auseinandersetzung der Digital Natives mit dem Internet kann insofern auch ein wichtiger Zukunftsbereich sein und sollte von den mitverantwortlichen Seiten nicht versäumt werden.

Von Hackern und Spionen

Hackerkongress Black Hat
Auf dem Hackerkongress Black Hat werden aktuelle Gefahren der IuK-Welt vorgestellt, analysiert und nach möglichen Abwehrmechanismen gesucht. Dieses Jahr fand die Tagung vom 28. bis zum 29. Juli in Las Vegas statt. Neben IT-Sicherheitsexperten bekannter Softwarefirmen, gewinnt der Kongress vor allem für Unternehmen, die sich zunehmender Industriespionage ausgesetzt sehen, an Bedeutung. Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) räumt entsprechenden Hacker-Veranstaltungen eine wichtige Position ein. So wurde unmittelbar nach dem Vortrag des Sicherheitsexperten Craig Heffner, der die Möglichkeit aufzeigte, Router zu manipulieren, eine Sicherheitswarnung des BSI veröffentlicht. Die dazugehörige Angriffstechnik wird als so genanntes „Cross Site Request Forgery“ bezeichnet. Hierbei wird die Interpretation von Internetadressen im Domain Name System (DNS) so manipuliert, dass die Schutzmaßnahmen der Browser ausgehebelt werden. Bestehende Zugriffsbeschränkungen des Routers werden damit umgangen. Die einfache Logik: Wer einen Router übernimmt kontrolliert das dahinter liegende Netzwerk.

Gehackte Geldautomaten
Die Ergebnisse der Vorträge und Präsentationen wirken dabei amüsant bis hochgradig bedenklich. Beides wurde durch Barnaby Jack verdeutlich, der sich via telekommunikativen Mitteln in einen Geldautomaten einhackte. Nach erfolgreichem Hackerangriff spuckte dieser Geld wie ein Spielautomat. Ein entscheidendes Problem liegt nach McAfees Securityexperten Toralv Dirro in der Tatsache, dass hinter öffentlichen Maschinen oft völlig normale Computer mit gewöhnlichen Betriebssystemen ihre Arbeit verrichten. Diese Erfahrung konnte ich unlängst selbst (und sicherlich schon viele andere vor und nach mir) bei einer großen deutschen Bank machen. Anstatt nach der gewünschten Geldmenge zu fragen, teilte der Geldautomat höflich mit, dass Windows neu gestartet wird. Den Startvorgang konnte man am Bildschirm des Automaten mitverfolgen.

Netzwerke als Schwachstellen
Neben den vielen Vorteilen der Vernetzung von Systemen werden Hackerangriffe dadurch begünstigt, dass verschiedene Systeme, die ursprünglich nicht dafür vorgesehen waren, über Netzwerke verbunden werden. Damit sind auch diese potentiell von außen erreichbar. Ein Angriff auf die schwächste Stelle im Netzwerksystem kann damit auch einen Zugriff auf stärker gesicherte Bereiche bedeuten.

Im Vortrag von Jonathan Pollet wurde die Möglichkeit aufgezeigt, „Smart Meter“, also intelligente Stromzähler so zu manipulieren, dass Strom zu einem billigeren Preis bezogen werden könnte. Aber auch Messgeräte mit bekannten Sicherheitsmängeln werden von Elektrizitätsunternehmen eingebaut. Ein hackbares Stromnetz würde wahrscheinlich ein weitaus größeres Problem als die Manipulation eines einzelnen Stromzählers bedeuten.

Handylauschen zum Schleuderpreis
Im weiteren Zusammenhang ist auch die Möglichkeit des Abhörens von Handytelefonaten mit vergleichbar preiswertem Equipment zu nennen. Dies demonstrierte Chris Paget mit Hilfe frei verfügbarer, rund 1000 Dollar teuren Hardware sowie einer angepassten Linuxvariante. Durch den Gebrauch einer gefälschten Basisstation könnten so Handytelefonate vor der Weiterleitung belauscht und mitgeschnitten werden. Was bisher aus finanziellen und technischen Gründen strafverfolgenden Behörden sowie finanziell potenten Wirtschaftsspionen vorenthalten war, könnte damit auch von vielen Kleinkriminellen verwendet werden.

Die für die weltweit genutzten Mobilfunk-Standards verantwortliche GSM Association (GSMA) verweist auf Vorkehrungen, die einen solchen Angriff unmöglich machen sollen. Dafür müssen jedoch Handy und Funknetz über den neueren Mobilfunkstandard UMTS kommunizieren (3G-Standard). Doch auch dann besteht die Möglichkeit den Schutz zu umgehen.

Die gefälschte Basisstation gaukelt dem zu belauschendem Handy lediglich die Fähigkeit zur unverschlüsselten GSM-Verbindung vor. Eine Warnung der Mobiltelefone per Displayanzeige mit einem Verweis auf die fehlende Codierung ist prinzipiell möglich. Chris Paget vermutet jedoch, dass die Anzeige seitens der Hersteller verhindert wird, damit es in Ländern wie Indien, in denen die Codierung untersagt ist, nicht zu ständigen Warnmeldungen kommt. Dennoch ist die Billigvariante des Handylauschens nur bedingt einsetzbar. Die unmittelbare Entfernung sowie die begrenzten Kapazitäten von parallel belauschten Telefonaten spielen dabei eine wichtige Rolle.

Eine vernetzte Welt bietet vielen Menschen sicherlich eine Reihe von Vorteilen. Leider beinhaltet dies auch Vorteile krimineller Art.

Die Deutschen auf dem Weg zu einer digitalen Gesellschaft

Der Anteil der Onliner unter uns hat erstmals die 70 Prozenthürde genommen: 72% der Deutschen haben inzwischen das Internet für sich entdeckt. Das ergab eine Studie mit über 30.000 Interviewten, die im Auftrag der Initiative D21 von TNS Infratest durchgeführt wurde.

19 Millionen Deutsche noch offline
Als Deutschlands größte Partnerschaft von Politik und Wirtschaft für die Informationsgesellschaft hat die Initiative D21 dieses Jahr zum 10. Mal den (N)ONLINER Atlas veröffentlicht. Trotz der erfreulichen Nachricht ist Deutschland immer noch weit von einer digitalen Gesellschaft entfernt: Knapp 19 Millionen Menschen über 14 Jahre sind nicht online und auch das Wachstum ist im Vergleich zum Vorjahr um 1,1 Prozentpunkte geringer.

Viele Menschen sind noch immer von der digitalen Welt ausgeschlossen. Die Studie zeigte wieder deutlich ein starkes Ost-West-Gefälle, aber auch ein Stadt-Land-Gefälle von neun Prozentpunkten. In Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern sind nur 65 % online. Eine Kluft ergibt sich auch in Bezug auf die Bildungsschichten. So sind nur 57 % der Menschen mit Volks- oder Hauptschulabschluss online, aber 89 % der Abiturienten und Studierten. Absolute Spitzengruppe bilden die Schüler mit 98 %.

Inzwischen jeder Zweite Best Ager online
Noch größer ist die Differenz in Bezug auf das Einkommen. Während bei den Haushalten mit einem Nettoeinkommen von unter 1.000 Euro nur jeder Zweite das Internet nutzt, sind es unter den Haushalten mit einem Einkommen von über 3.000 Euro 92 %. Erfreulich ist das Wachstum der „Best Ager“, von denen inzwischen jeder Zweite online ist. Interessante Ergebnisse lieferte auch die Studie in Kooperation mit der Fiducia IT AG. Demnach nutzen 82 % der Deutschen mit Internetzugang und mehr als die Hälfte der Smartphone-Besitzer Online-Banking für ihre Bankgeschäfte.

Wichtigstes Kriterium für Online-Banking sind dabei weiterhin Datensicherheit und Datenschutz. Das ist auch das Hauptthema einer weiteren Sonderstudie der IDG-Medienmarken Computerwoche und Cio im Rahmen des (N)Onliner Atlas 2010. Zwar sehen die Befragten insgesamt in der Abwicklung von behördlichen Dienstleistungen über das Internet einen großen oder sehr großen Mehrwert, haben aber gleichzeitig Sicherheitsbedenken und bemängeln die mangelnde Durchgängigkeit der Angebote und eine undurchschaubare Struktur der Internet-Services. Voraussetzung für diese Nutzungen ist ein Internetzugang.

Das aktuelle Wachstum zeigt allerdings laut Initiative D21, dass ohne gezielte Förderung in Zukunft mit geringeren Steigerungen zu rechnen ist. Hoffen wir also, dass sich verstärkt dafür eingesetzt wird, unabhängig von Einkommen, Alter oder Bildungsstand möglichst vielen Menschen die Möglichkeiten des Internets zu eröffnen.